Connected Mobility
Personalisierte Dienste revolutionieren die Mobilität der Zukunft
Softwaregetriebene und personalisierte Anwendungen bestimmen zunehmend den Nutzwert unserer Autos. Damit einher geht ein grundlegender Wandel: Leistungsmerkmale und Dienste sind bald nicht mehr an die Hardware gebunden, sondern an die Personen, die sie nutzen. Das eröffnet eine große Spielwiese und ein riesiges Lernfeld für Autobauer, Zulieferer und Softwareentwickler. Sie müssen lernen, wie personalisierte Features im Markt funktionieren, welche bestehenden Geschäftsmodelle sich neu erfinden und wie sich daraus andere Kundensegmente eröffnen.
Die Parallelen zum Smartphone sind unübersehbar: Das Fahrzeug wird zur Hardware-Basis für Softwareanbieter. Der konkrete Funktionsumfang und die Wertschöpfung verschieben sich mehr und mehr in Richtung softwaregetriebene Anwendungen und Dienstleistungen.
Im Wesentlichen sind es drei Bereiche, in denen Software im Auto künftig das Geschehen bestimmt:
- Fahrerassistenzsysteme, sogenannte Advanced Driver Assistance Systems (ADAS), die meist der Sicherheit dienen und den Weg in Richtung autonomes Fahren ebnen.
- Infotainment-Anwendungen oder solche, die das Fahrzeug zum mobilen Büro machen.
- Apps, die einen weiteren Mehrwert bieten, wie etwa der digitale Schlüssel, zubuchbare Dienste und Funktionen oder Anwendungen im erweiterten Bereich des E-Commerce.
So ist es beispielsweise möglich, stärkere Motoren, Sitzheizung, Bremsassistenzsysteme und digitale Dienste auf Bestellung („on demand“) oder per Subscription zu kaufen und zu bezahlen – unabhängig von der initialen Fahrzeugkonfiguration. Und das alles direkt im „Fahrzeug-App-Store“, wie wir ihn von unseren Smartphones kennen.
Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass andere softwaregestützte Dienste boomen werden, sobald das hochautomatisierte Fahren (Level 3) und vollautomatisierte Fahren (Level 4) massentauglich werden. Denn wenn die Kontrolle auf das Fahrzeug übergeht, sind nicht nur erweiterte Assistenzsysteme vonnöten. Die fahrende Person kann verschiedene Systeme im Auto verwenden, die etwa der Unterhaltung dienen oder in sonstiger Art und Weise das Leben erleichtern. Beispielsweise automatische Abrechnungssysteme für Maut, Parkgebühren oder E-Tankstellen. Oder individualisierte Navigationsdienste, die sich an den eigenen Präferenzen orientieren – unabhängig vom Fahrzeug.
Zentrales Element im Fahrzeug der Zukunft: Personenbezogene Dienste
Es zeichnet sich bereits ab, dass viele digitale Dienste zukünftig nicht mehr an das Fahrzeug gebunden sein werden, sondern an die Person, die es nutzt. Konkret heißt das: Die personalisierten Dienste sind für den Nutzenden in jedem beliebigen Fahrzeug desselben Herstellers verfügbar. Das hat den Vorteil, dass alle gebuchten Dienste und Einstellungen eines Privatfahrzeugs ebenso in Shared-Mobility- oder Flottenfahrzeugen nutzbar sind.
Doch wie ist diese Flexibilität in der Praxis realisierbar? Voraussetzung dafür ist eine eindeutige digitale Identität. Eine mögliche Ausprägung ist z.B. der digitale Fahrzeugschlüssel, der nicht nur als Türöffner des eigenen Fahrzeugs dient, sondern durch sicheres und schnelles Erstellen und Teilen eines Schlüssels neue personalisierte Mobilitätskonzepte ermöglicht.
Hinter dem auf den ersten Blick „einfachen Dienst“ des digitalen Fahrzeugschlüssels können für Kundinnen und Kunden gleich mehrere Geschäftsmodelle entstehen. Durch die Möglichkeit zur Parametrisierung des digitalen Fahrzeugschlüssels, z.B. einer zeitlichen Begrenzung der Gültigkeit, ist neben dem Sicherheitsaspekt auch die Laufzeit für einen gebuchten Dienst festlegbar. Der digitale Fahrzeugschlüssel ist also potenzieller Enabler für personenbezogene Geschäftsmodelle – aber nur ein Beispiel von vielen:
Eine Kfz-Versicherung stellt fest, dass ein aktivierter Notbrems-Assistent oder ein Parkassistent die Zahl der Auffahr- bzw. Parkunfälle reduziert. Deshalb ist das Interesse groß, ihren Versicherten dieses Feature kostenlos zur Nutzung anzubieten. Durch das sinkende Unfallrisiko erhöht sich die Sicherheit der Versicherten und spart dem Versicherungsunternehmen Geld. Eine klassische Win-Win-Situation.
Ein Arbeitgeber verfügt über ein gebuchtes Kontingent von temporären Level 3 oder Level 4 Paketen (s.o.) in seiner Flotte, die er seinen Mitarbeitenden für Dienstreisen zur Verfügung stellt. Damit erhöht sich die Produktivität, die Sicherheit und der Komfort.
Personenbezogene Dienste werden auch den Gebrauchtwagenmarkt aufwerten. Kauft man künftig einen Gebrauchten, entscheidet die digitale Identität des Kaufenden, was sein nächstes Fahrzeug kann, denn das wird über das individuell zusammengestellte Diensteportfolio bestimmt. Das alles natürlich im Rahmen der Hardwareausstattung des Fahrzeugs.
Die Geschwindigkeit des Lernens und der Anpassung bestimmt die Wettbewerbsfähigkeit
Services bzw. ganze Service-Bereiche wie die Personalisierung von Mobilitätsdiensten oder der Schaffung von digitalen Identitäten sind die Basis für bereits bestehende, aber auch zukünftige Geschäftsmodelle. Jetzt gilt es für OEMs, schnell und präzise aus den heutigen Nutzungszyklen zu lernen, um künftig wettbewerbsfähig zu bleiben. Das geschieht unter anderem durch datengetriebene Analysen des Nutzerverhaltens, um die Kundenwünsche der Zukunft besser herauszufinden – z.B. mit Hilfe von Product Analytics.Wer die digitalen Dienste ins Zentrum stellt und die Personalisierung vorantreibt sowie flexibel, lernfähig und offen gegenüber neuen Geschäftsmodellen ist, der wird in Zukunft eine starke Rolle am Automobilmarkt einnehmen.
Manuel Teufel & Markus Beller
Consultants für Connected Mobility
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